Der Trau-Dich-Ring

Nachdem in unserem Bekanntenkreis in letzter Zeit eine Vielzahl an Beziehungen auseinander gegangen sind, war ich umso erfreuter, eine Einladung zu einer bevorstehenden Hochzeit eines lang bekannten Freundes zu erhalten. Da traut sich also doch noch jemand.

Da meine Freundin und ich nicht verheiratet, wir aber schon lange glücklich liiert sind, kam uns die Frage auf, was eine Hochzeit zwischen sich zwei Liebenden ausmacht. Ändert sich dann alles? Wird man dadurch glücklicher? Tut man es für sich oder nur fürs Papier und eine andere Steuerklasse?

Die Hochzeitseinladung in der Hand haltend, war ich auf jeden Fall froh, in einem Land zu leben, in dem man sich den Partner fürs Leben noch selber aussuchen darf. Wer weiß, wen sich sonst meine Schwiegereltern für meine Liebste ausgesucht hätten. Sicherlich wäre ich nicht die erste Wahl gewesen…

Doch was bewegt nun zwei Menschen in der heutigen rastlosen Zeit mit Aussicht auf zukünftig alltäglich werdende polyamore Beziehungen dazu, den Bund fürs Leben zu schließen?

Vielleicht ist es ja die Angst, sein Gegenüber an einen anderen zu verlieren. Deswegen vielleicht auch die hochzeitstypischen Symbole?! So, wie die weiße Taube für Reinheit und Glück steht und der Storch für Nachwuchs, so zeigen die Ringe an den Händen verheirateter Menschen also – „Wir gehören zusammen“.

Irgendwie erinnert mich das an die Fußfesseln manch eines Gefangenen – eng anliegend, dass man sie selbst nicht mehr abbekommt und bloß nicht ablegen – das kann zu großen Ärger führen!

Nein, das ist nichts für mich – jedenfalls im Moment noch nicht. Und wenn ich die Blicke meiner Freundin sehe, die sich eben an den Rechner gesetzt hat und „nur mal so“ Hochzeitskleider anschaut, dann muss ich für die üblich horrenden Preise für eine Hochzeitsfeier eh noch ein paar Jahre Überstunden schrubben.

Nachtrag: Als wir dann auf der Hochzeit waren und ich die silbernen Trauringe des frisch vermählten Hochzeitspaares sah, kam mir seltsamerweise das Bild des Grafen von Monte Christo…

Aktualisiert am 8. Oktober 2015
Kategorie Allgemein